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Xie & Sun: Linguistische Komplexität des Deutschen im 20. Jahrhundert: Eine diachrone Analyse über vier Textsorten (MU)

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Produkttyp: Beitrag (Zeitschrift)

Autor(inn)en: XIE Jianwen / SUN Meng

Titel: Linguistische Komplexität des Deutschen im 20. Jahrhundert: Eine diachrone Analyse über vier Textsorten

Publikation in: Muttersprache, 135. Jahrgang, Heft 4

Seiten: 273–291 (19 Seiten)

Erschienen: 15.12.2025

Abstract: siehe unten

URI: https://doi.org/10.53371/61397


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Preis: 4,90 € inkl. MwSt.
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Abstract

Die vorangegangenen Forschungen zur linguistischen Komplexität des Deutschen konzentrierten sich auf Unterschiede sowohl zwischen dem Deutschen und anderen Sprachen als auch zwischen verschiedenen Varianten des Deutschen, wohingegen Komplexitätsunterschiede zwischen unterschiedlichen Textsorten bisher oft unbeachtet blieben. Um die Textsorteneffekte auf die linguistische Komplexität zu erforschen und den textsortenspezifischen Sprachwandel des Deutschen im 20. Jahrhundert zu untersuchen, wird in der vorliegenden Arbeit die diachrone Entwicklung der linguistischen Komplexität in verschiedenen deutschen Textsorten des 20. Jahrhunderts analysiert. Als Datenquelle dient das DWDS-Kernkorpus, dessen Textmaterial in vier Textsorten unterteilt ist: Zeitung, Belletristik, Wissenschaft und Gebrauchsliteratur. Anhand der informationstheoretischen Kolmogorov-Komplexität wird der Sprachwandel auf den Ebenen der allgemeinen, der morphologischen und der syntaktischen Komplexität für jede Textsorte nachgezeichnet. Es zeigt sich, dass die allgemeine Komplexität je nach Textsorte unterschiedliche Entwicklungstendenzen aufweist, wobei die spezifischen Merkmale der jeweiligen Textsorten eine entscheidende Rolle spielen. Für die Textsorte Wissenschaft sind keine eindeutigen Trends in der morphologischen und der syntaktischen Komplexität erkennbar. Dagegen lassen sich in den übrigen drei Textsorten ein Rückgang der morphologischen und ein Anstieg der syntaktischen Komplexität beobachten, was mit der Sprachgeschichte des Deutschen, der Vereinheitlichung der Schriftsprache sowie dem vermehrten Sprachkontakt zusammenhängen könnte. Zudem wurden Korrelationen zwischen allgemeiner, morphologischer und syntaktischer Komplexität identifiziert, wobei insbesondere der negative Zusammenhang zwischen morphologischer und syntaktischer Komplexität in allen Textsorten heraussticht.

Previous research on the linguistic complexity of the German language has mainly focused on differences between German and other languages, as well as on variations across different German variants. However, genre-specific differences in complexity have received relatively little attention. To explore the effects of genres on linguistic complexity and examine the genre-specific linguistic evolution of German in the 20th century, this study investigates the diachronic development of linguistic complexity across various German genres during the 20th century. The DWDS core corpus, which categorizes texts into four genres—journalism, scientific literature, literary texts, and other nonfiction—was used as the data source. By employing information-theoretical Kolmogorov complexity, linguistic changes in overall, morphological, and syntactic complexity were investigated within each genre. The findings reveal that overall complexity follows distinct developmental patterns depending on the genre, with the specific characteristics of each genre playing an important role. Scientific literature exhibits no clear trends in morphological or syntactic complexity. In contrast, the other three genres show a decline in morphological complexity accompanied by an increase in syntactic complexity, which might be contributed to the history of the German language, the standardization of written language, and increased language contact. Furthermore, correlations between overall, morphological, and syntactic complexity were identified, with a particularly strong inverse relationship between morphological and syntactic complexity.